Da hält man sich mal ein paar Tage nicht in Deutschland auf und dann sowas:
Die Stadt Hannover verbietet Flatrate-Partys aufgrund eines Beschlusses des Bund-Länder-Ausschusses Gewerbefreiheit. In einem überraschenden klaren Moment erklärt der zuständige Ordnungsdezernent dann immerhin noch, mit diesem Schritt könne das Problem des Alkoholmissbrauchs wohl nicht gelöst werden.
Ein klassisches Beispiel für völlig sinnlose und realitätsferne Symbolpolitik, hervorgerufen durch den Einfluss der Medien auf die Politik, der ja unlängst schon an anderer Stelle mehr schlecht als recht kritisch beleuchtet wurde. Wie kann es sein, dass so ein - zu allem Überfluss völlig nutzlose - Eingriff in die Gewerbefreiheit, eine der zentralsten Freiheiten unseres heißgeliebten Grundgesetzes, so einfach aufgrund eines Beschlusses und ohne Proteste irgendwelcher Alkoholiker- oder doch zumindest Jugendverbände durchgehen kann? Wo sind die Julis, Jusos,
HJ'ler JU'ler, JuGrüs und JuAPPD'ler wenn man sie mal wirklich braucht?
Der Untergang des Abendlandes schreitet unaufhaltsam voran.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich soviel sagen: Flatrate-Trinken hat noch niemandem geschadet - außer Ansgar.
Nils-Holgerson - 28. Jun, 12:14
Zugbeobachtungen [#1]
Der ältere, leicht untersetzte Herr, der mit seinem gepflegten Schnäuzer und dem Tonfall stark an Arthur aus King of Queens erinnert und seiner offensichtlich im Internet bestellten brasilianischen Begleiterin die Welt erklärt. Er redet ohne Pause, von den Zeppelin-Werken, von der Zeit nach dem Krieg, von den Bahnstrecken zwischen Friedrichshafen und Ulm, von der Viehzucht in Brasilien, er redet als würde er mit seinem Kind sprechen, und tatsächlich könnte er ihr Vater sein.
Zugbeobachtungen [#2]
Der jüngere Mann mit Migrationshintergrund, dessen vernarbtes Gesicht nicht als vertrauensbildende Maßnahme gelten kann, der sich auf meine FAZ setzt und mich in verschwörerischem Ton und gebrochenem Deutsch zweimal fragt, ob ich mit einem Baden-Württemberg-Ticket unterwegs bin. (Überhaupt, Baden-Württemberg-Ticket. Früher hieß das noch Niedersachsen-Ticket)
Zugbeobachtungen [#3]
Der ältere Herr im edlen braunen Lederparka, der in Pagenhaltung den Bahnsteig auf- und abschlendert, vor der Tür der Bahnhofsmission stehenbleibt, seine Hände vors Gesicht wirft, dann faltet, ein Gebet spricht, um danach weiter seine Runden zu drehen.
Zugbeobachtungen [#4]
Der mittelalte Mann mit der mittelmodischen Brille, dem eine mittlere Anzahl ausgefallener Haare eine Halbglatze beschert hat, der ein mittelmodernes Nokia-Handy benutzt und dazu einen mittelguten btb-Roman liest. Er könnte alles sein, Steuerberater, Bestattungsunternehmer oder Versicherungsfachangestellter.
Zugbeobachtungen [#5]
Der Nerd, Mitte 30, dem man noch heute die Schläge seiner Grundschulkameraden ansieht. Heute sitzt er extrem schlecht gekleidet und frisiert mit einer Brille, die kaum als Vorkriegsmodell durchgeht, mit seinem Laptop im Zug und bearbeitet Exce-Tabellen. Möglicherweise hat er es weitergebracht als die Rowdys aus seiner Kindheit, freuen kann er sich darüber aber offenbar nicht.
Zugbeobachtungen [#6]
Ihm gegenüber ein etwas älterer Herr, der nicht aussieht, als würde er täglich Sakkos tragen. Zwar passt das Sakko, es ist auch farblich auf sein Hemd abgestimmt (braun/braun), aber seine Digitaluhr mit dem Plastikarmband, die wie der YPS entsprungen wirkt, verrät ihn. Überlegungen zum Entfallen, weil er Folien zur Vorbereitung auf einen Vortrag mit dem Thema "Kosten im Griff bei der Grobfuttermittelproduktion" durchblättert. Als seine Sitznachbarin ihren Platz einnehmen will, bietet sie den beiden an, sich nebeneinanderzusetzen. Sie informieren die Dame, dass sie nicht zusammen gehören, auch wenn sie eigentlich sehr wohl zusammen gehören.
Zugbeobachtungen [#7]
Die Dame Ende 30, die die Frage gestellt hatte, reist mit ihrer schwarzen Tochter. Vollmundig bietet sie ihr etwas Süßes an, die Tochter könne es sich aussuchen. Leider sind ihre Süßigkeitenvorräte offenbar begrenzt, da sie die ersten drei Wünsche ihrer Tochter mit einem "hab ich nicht" abschlagen muss. Dann gibt's Fritt.
Zugbeobachtungen [#8]
Das schwäbische Ehepaar, vermutlich bereits im Rentenalter. Sie liest einen Revolverroman, "Die Wanderhure", er sitzt lieber am Gang, "wegen der langen Füß'". Sie reden nicht viel, wahrscheinlich ist alles bereits gesagt.
Zugbeobachtungen [#9]
Der Lügner, der die Ansagen im ICE 108 macht und die 18 Minuten Verspätung in Ulm mit Gleisarbeiten in München erklärt, die 18 Minuten in Stuttgart aber mit einem Personenschaden in Stuttgart-Ost und die 21 Minuten Fulda mit Gleisbauarbeiten in Augsburg.
Zugbeobachtungen [#10]
Und zu guter letzt die Deutsche Bahn, die es in drei von vier Fällen nicht fertig bringt, eine simple Zugreise mit zweimal Umsteigen ohne mindestens 30 Minuten Verspätung und einem verpassten Anschlusszug abzuwickeln.
Zugbeobachtungen [#11]
Alles in Allem ein Haufen Spaß für 116€, und 18,52€ MwSt. sind auch schon drin.
[file under: fingerübungen]
Nils-Holgerson - 28. Mär, 12:52
Aus dieser ganzen Gewerkschaftsgeschichte kann doch schon alleine deshalb nichts werden, weil alle Gewerkschafts-bosse so dermaßen deformierte Gesichter haben, dass einem Angst und Bange wird.
Nils-Holgerson - 26. Feb, 20:03
Und beim nächtlichen Streifen durch die Stadt, als Einziger, der nicht auf dem Weg zur Frühschicht von ZF ist, plötzlich feststellen, dass Marx doch Recht hatte mit Unterbau und Überbau.
Nils-Holgerson - 5. Feb, 04:58
Welche grenzdebile Werbeagentur hat denn eigentlich der LBS geraten, das Spießertum unter dem Claim "Entdecke den Spießer in dir" zu einer erstrebenswerten Lebensweise aufzuwerten?
Nils-Holgerson - 28. Jan, 13:26
Komisch, wenn man beim Surfen "The Prestige Recordings" von John Coltrane hört und einem die amazon.com-Anzeige auf sportsfrog.com plötzlich "The Complete Prestige Recordings" von Thelonious Monk anbietet...
[Hab ich eigentlich schon mal auf das großartige neue Blog von Don Dahlmann verwiesen? Wenn nicht so sei es hiermit passiert:
Freiheit kann man nicht kaufen]
Nils-Holgerson - 25. Jan, 09:46
Und als die Verschwendung der genialen Banalitäten und banalen Genialitäten ein unerträgliches Maß anzunehmen drohte kam mir die Idee, so simpel wie effektiv:
Zettel!
Es ist ganz einfach, man muss nur mitschreiben! Dann stopft man sich die beschriebenen Zettel in die Tasche und erfreut sich am nächsten Morgen an seiner eigenen Produktivität.
Schade nur, dass das Schreiben mit steigendem Alkoholpegel auch nicht eben einfacher wird. Ich kann das Ende des potentiell lustigen Satzes "Whiskey ist nur was für Alkoholiker" beim besten Willen nicht mehr entziffern. Schade drum.
[Ab jetzt niemals ohne Post-Its das Haus verlassen]
Nils-Holgerson - 17. Dez, 14:21
"Gin Tonic geht immer" (Stieler/Röhring 2006)
Anmerkung: Auf Bitten der Co-Autorin aktualisiert
Nils-Holgerson - 10. Dez, 22:50